Der Körper der Frau im Sport

Intro

Es gibt viele Mythen und Halbwahrheiten über den weiblichen Körper mit seiner spezifischen Anatomie und Physiologie.

Prüf zum Einstieg ins Thema dein Vorwissen. Sind die folgenden vier Aussagen der Athletinnen/Trainerinnen Fakt oder Mythos? Halt deine Überlegungen schriftlich fest. Die Auflösung folgt bei der Reflexion.

Fakt oder Mythos I
Fakt oder Mythos II
Fakt oder Mythos III
Fakt oder Mythos IV

Der weibliche Körper, konkreter die anatomischen und physiologischen Grundvoraussetzungen der Frau, spielen in der aktuellen Trainingslehre kaum eine Rolle. Die Trainingswissenschaft ist zwar gut erforscht und dokumentiert, häufig aber aus einer Männerperspektive heraus. Die anatomischen und physiologischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern sollten bei der Trainingsplanung berücksichtigt werden.

Basics I

Anatomie und Physiologie

Frauen und Männer unterscheiden sich nicht nur hinsichtlich ihrer Geschlechtsmerkmale. Geschlechtsspezifische Unterschiede betreffen auch den Körperbau und die Funktionen im Körper, genauer gesagt die Anatomie und Physiologie. Ausgewählte relevante sportmedizinische Aspekte werden in diesem Kapitel vorgestellt.

Der Lernbaustein zeigt dir auf, wie der weibliche Körper im Sport funktioniert und welche Auswirkungen diese Faktoren auf das Training und die Trainingsplanung einer sportlich aktiven Frau haben.

Tipp in der Grafik auf verschiedene Körperteile und finde mehr heraus.

Abgebildet ist die Zeichnung eines männlichen und eines weiblichen Skelettes von der Hüfte an abwärts. Dabei ist der Q-Winkel eingezeichnet. Dieser verläuft von der Mitte des Beckens nach aussen bis zum Hüftknochen und in Richtung des Fusses bis zum Knie. Der Q-Winkel der Frau ist dabei grösser als derjenige des Mannes.
Becken | Q-Winkel

Allgemeine Gelenksbeweglichkeit

Mit dem Beginn der Pubertät nimmt die Gelenksbeweglichkeit (Laxität) bei jungen Frauen im Vergleich zu jungen Männern zu. Die passive Stabilität des Gelenks lässt somit etwas nach, womit die aktiven Stabilisatoren, die Muskeln, umso wichtiger werden. Dies führt zu einer höheren Verletzungsanfälligkeit im Kapsel-Band-Apparat während der Pubertät.

Heranwachsende Frauen wachsen im Schnitt ab Einsetzung der Menstruation noch zwei Jahre. Bei sehr grosser körperlicher Belastung kann es aber sein, dass das Längenwachstum erst viel später abgeschlossen ist.

Fett-Muskel-Verhältnis

Athletinnen weisen ca. 60 % mehr intramuskuläre Fette auf, was ein Vorteil für längere Ausdauerbelastungen darstellt.

Was gilt es in der Trainingsplanung zu berücksichtigen?

In die Trainingsplanung von Athletinnen gehören Anpassungen der Trainingseinheiten in Abhängigkeit der physiologisch-anatomischen Voraussetzungen sowie die Anpassung respektive Variation des Krafttrainings. Zusätzlich sollten spezielle Situationen beachtet werden:

Verletzungsprävention

Bis ins 20. Lebensjahr (oft Juniorinnenalter) stehen die vielseitige athletische Entwicklung (Beweglichkeit, Kraft, Stabilität, Beinachsentraining, Bewegungskontrolle etc.) und die Freude an der Bewegung im Vordergrund. In diesem Alter werden wichtige athletische Grundlagen erarbeitet, wobei Gesundheit und Prävention von Verletzungen an erster Stelle stehen. Dies ist für junge Frauen besonders wichtig, da in dieser Altersphase oft das Körpergewicht hormonell bedingt zunimmt durch vermehrte Fett- und Wassereinlagerung.

Bei Kälte

Frauen haben durchschnittlich schneller kalte Füsse und Hände.

Bei Hitze

In der zweiten Zyklushälfte bei feuchter Hitze ohne Akklimatisation ist die Leistung leicht reduziert.

Training in der Höhe

Der Hämoglobinanstieg durch gezieltes Höhentraining ist bei Athletinnen und Athleten vergleichbar und hängt mehr von einer guten allgemeinen Gesundheit und aufgefüllten Eisenspeichern ab. Da Athletinnen aufgrund der monatlichen Blutungen häufiger unter Eisenmangel leiden, sind eine vorgängige Kontrolle und allenfalls angepasste Substitution sehr wichtig.

Du hast dir die Grundlagen der weiblichen Anatomie und Physiologie erarbeitet. Im nächsten Kapitel geht es um den weiblichen Zyklus und darum, wie du und deine Athletinnen über das Zyklus-Tracking, also das Verfolgen des Zyklus, wichtige Informationen für das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit erhalten.

Basics II

Der weibliche Zyklus

Jede Athletin ist anders, jeder Körper funktioniert anders – es gilt, den Körper anzunehmen, wie er ist. Dazu gehört auch, dass eine Athletin, und sinnvollerweise auch ihre Trainerin oder ihr Trainer, Kenntnis davon haben, wie der weibliche Zyklus funktioniert, wie sich die Athletin in den verschiedenen Zyklusphasen fühlt und wie dies die sportliche Leistungsfähigkeit beeinflussen kann. Dieses Wissen ist von zentraler Bedeutung, um das Training dem Zyklus angepasst zu optimieren und die Leistungsfähigkeit positiv zu beeinflussen.

Der Menstruationszyklus beeinflusst die subjektive und objektive Leistung bei jeder Athletin unterschiedlich stark, zum Teil auch überhaupt nicht. Entscheidend ist, dass der Zyklus und dessen Auswirkungen wahrgenommen und in Zusammenhang mit dem Training protokolliert werden.

Den Zyklus verstehen

Das folgende Diagramm erklärt die einzelnen Phasen des Menstruationszyklus.

Diagramm des Menstruationszyklus: Wähle jede Phase aus und erhalte eine kurze Erklärung zu den einzelnen Phasen des Menstruationszyklus.

Zyklusanomalien

Viele Athletinnen halten Zyklusanomalien für normal und eine ungefährliche Folge des Trainings. Das ist aber nicht immer der Fall. In manchen Fällen sollte mit einer gynäkologischen Fachperson das Gespräch gesucht werden.

Folgende Auflistung gibt Hinweise zu Zyklusanomalien:

Menarche
Die erste Menstruation ist nicht bis zum 16. Geburtstag erfolgt.

Zyklusdauer
Dauert der Zyklus jeweils länger als 35 Tage, wird dies als Oligomenorrhoe bezeichnet. Bei der Amenorrhoe fällt der Zyklus länger als 6 Monate oder während mehr als 3 Zyklen aus.

Blutverlust
Werden > 80 ml Blut (ca. > 10 volle Tampons oder Binden pro Menstruation) während einer Menstruation verloren, gilt dies als übermässiger Blutverlust.

Schmerzen
Starke Schmerzen während der Menstruation, die nicht mit z.B. 400 mg Ibuprofen zu Beginn gut erträglich werden, gelten als Anomalie.

Amenorrhoe, übermässige Schmerzen oder Blutungen sollten von einer Fachperson abgeklärt und angepasst behandelt werden, da diese langfristig negative Folgen für die Gesundheit haben können.

Zyklus-Tracking

Der Menstruationszyklus ist ein guter Indikator für das generelle Wohlbefinden und den Gesundheitszustand einer Athletin. Trackt eine Athletin ihren Zyklus, hilft ihr das, ihren Körper besser zu verstehen und gesundheitliche Veränderungen zu erkennen, die u.a. Auswirkungen auf die sportliche Leistung haben können. Das Zyklus-Tracking ist die Grundlage für ein mögliches zyklusgesteuertes Training.

Was ist beim Zyklus-Tracking zu beachten?

Titelbild Flipcard Anfangs- und Enddatum der Menstruation, zu sehen ist ein Kalender.

Anfangs- und Enddatum der Menstruation

Titelbild Flipcard Menstruation, zu sehen sind zwei Füsse auf einem  Badezimmerboden und geronnenes Blut dazwischen.

Menstruation

Titelbild Flilpcard Symptome, zu sehen ist der Bauch einer Person und darüber gelegt ihre Hände.

Symptome

Titelbild Flipcard Leistungsfähigkeit, Stimmung und Müdigkeit, zu sehen ist eine Frau auf einem Bett sitzend.

Leistungsfähigkeit, Stimmung und Müdigkeit

Good Practice

Du hast dir die Grundlagen der physiologischen und anatomischen Unterschiede und insbesondere des weiblichen Zyklus von Sportlerinnen erarbeitet – gratuliere! Bei der Trainingsgestaltung gilt es nun, folgende Kernpunkte zu berücksichtigen. Am Ende dieses Lernbausteins kannst du dir ein PDF der Kernpunkte herunterladen.

Diese Auflistungen sind nicht abschliessend, und falls du etwas auf dieser Liste vermisst, melde dies bitte der Kursleitung, damit wir dein Wissen auch weitergeben können.

Das Bild einer Frau ist abgebildet.

Kernbotschaften Anatomie und Physiologie

  • Frauen haben physiologisch bedingt durchschnittlich tiefere Hämoglobinwerte, ein kleineres Herz, weniger Lungenvolumen sowie ein geringeres VO2max. und damit eine geringere Ausdauerleistungsfähigkeit als Männer. Kohlenhydrate können in geringeren Mengen gespeichert und bei intensiver Belastung weniger schnell abgebaut werden. Die Trainierbarkeit im Ausdauerbereich ist bei Frauen aber sehr ähnlich wie bei Männern. Ein Höhentraining sollte allerdings nur bei vollkommen gesunden Athletinnen mit aufgefüllten Eisenspeichern in Betracht gezogen werden.
  • Beim Muskelaufbau (Muskelhypertrophie) hingegen ist die Trainierbarkeit bei Frauen geringer als bei Männern. Das Krafttraining bedarf der entsprechenden Anpassung.
  • Begleite in jedem Training das Aufwärmen und bau Präventionsübungen ein. Führe auch gesamte Trainings unter dem Aspekt der Verletzungsprävention durch (Ideen und Infos: www.fittoplay.org).
  • Eine mögliche Stagnation der Leistung während des Wachstums ist erklärbar. Berücksichtige dies in der Zielsetzung gemeinsam mit der Athletin.
Eine schematische Abbildung aller Zyklusphasen ist abgebildet.

Kernbotschaften Zyklus

  • In der Regel beginnt bei Frauen bis zum 16. Lebensjahr ein regelmässiger Zyklus, bei dem alle 21-35 Tage eine Blutung von bis zu 7 Tagen einsetzt.
  • Zum Trainingstagebuch von Athletinnen gehört auch die Erfassung der Menstruationstage und den ev. dabei auftretenden Schmerzen und anderen Symptomen.
  • Zyklusabhängig können Phasen mit reduzierter Leistungsfähigkeit aufgrund von Unwohlsein, mentaler Probleme oder Schmerzen auftreten. Werden diese mittels Tagebuch oder App erfasst, können und sollen individuelle Lösungen gesucht werden.
  • Fallen bei Athletinnen Störungen des Zyklus oder der Menstruation auf, ermuntere sie, dies fachärztlich abzuklären, um langfristig negative gesundheitliche Folgen zu vermeiden.

Du hast dir nun viel Wissen zur Anatomie und Physiologie von Sportlerinnen angeeignet. Jetzt geht es darum, dieses Wissen in konkreten Situationen aus dem Traineralltag anzuwenden.

Reflektion

Wie reagierst du als Trainerin oder Trainer auf die Aussagen der Athletinnen zu Beginn des Kurses? Vergleiche deine Überlegungen mit den Erläuterungen der Expertin.

« Fakt oder Mythos »  Auflösung

Fakt oder Mythos Auflösung I
Fakt oder Mythos Auflösung II
Fakt oder Mythos Auflösung III
Fakt oder Mythos Auflösung IV

Quiz

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Transfer

Gratulation, du hast den LBS «Der Körper der Frau» beinahe abgeschlossen. Ziel der Transferaufgabe ist es, dein Wissen mit anderen Trainerinnen und Trainern zu teilen. So erhältst du neue Inputs und Ideen für die Trainingsgestaltung. 

Mach dir Notizen zu folgenden Situationen:

  • Welche konkreten Handlungsempfehlungen integrierst du zukünftig in dein Training mit Athletinnen?
  • Wie setzt du die gewählten Handlungsempfehlungen konkret im Training mit Athletinnen um?

Quiz

Solve the quiz questions and check your results at the end.