Verletzungsprävention Skifahren & Snowboard
«Athletinnen und Athleten können ihr gesamtes Potenzial nur dann ausschöpfen, wenn sie möglichst verletzungsfrei bleiben.» (PD Dr. Jörg Spörri)
Wettkampfresultate im Kindes- und Jugendalter sind keine Garantie für langfristigen Erfolg. Präventives Verhalten sowie eine adäquate Belastungssteuerung mit dem Ziel, langfristig gesund und leistungsfähig zu sein, sind genauso wichtig.
Im Rahmen des Forschungsprojekt «Injury Screening and Prevention – Alpine Skiing», kurz ISPA, entwickelte die Universitätsklinik Balgrist in Zusammenarbeit mit Swiss-Ski ein Präventionsprogramm für Kinder und Jugendliche. Dieses Programm ist vor allem auf U16 Athletinnen und Athleten im Ski Alpin ausgerichtet, um sie widerstandsfähiger gegenüber Verletzungen und Überlastungen zu machen.
Nachwuchsskirennfahrerinnen und Nachwuchsskirennfahrer sind einem hohen Risiko an traumatischen Verletzungen speziell am Knie und Überlastungsschäden speziell am unteren Rücken ausgesetzt. Im Rahmen des ISPA Projekts wurde ein einfaches, aber vielseitiges und zielgerichtetes Trainingsprogramm für das Off-Snow Training entwickelt, welches, die sogenannte Athletik fördert. Eine gut entwickelte Athletik legt die Basis für Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit im Schneesport. Gute körperliche Voraussetzungen führen nicht zwingend zu einer erfolgreichen Karriere, sie sind jedoch wesentliche Voraussetzungen den Sport bis ins Hochleistungsalter und darüber hinaus vollumfänglich ausüben zu können.
Das ISPA Präventionsprogramm zielt auf die Erarbeitung der verletzungsrelevanten, athletischen Grundlagen im Nachwuchsbereich ab. In einer Untersuchung mit U16-Nachwuchsskirennfahrerinnen und Nachwuchsskirennfahrern wurde festgestellt, dass die Gruppe, die zusätzlich das ISPA-Präventionsprogramm absolvierte, 33.5% weniger Unfallverletzungen und 30.1% weniger Überlastungsverletzungen als die Kontrollgruppe, die 'normal' trainierte, erlitt.
Das ISPA-Präventionsprogramm trainiert die Rumpfstabilität, die Kraft der Hamstrings und die Beinachsenstabilität.
Eine überdurchschnittliche Rumpfstabilität ist entscheidend, um ein gutes, dynamisches Gleichgewicht und eine zentrale Körperposition erhalten zu können. Je stabiler der Rumpf, desto besser können die Position und Bewegung der Beine kontrolliert werden. Dadurch können gefährliche Situationen mit verletzungsanfälliger Beinstellung vermieden werden. Gleichzeitig werden durch regelmässiges Rumpfkrafttraining Überlastungserscheinungen der Wirbelsäule vorgebeugt.
Um ein stabile Knieposition zu gewährleisten und in Verletzungssituationen einen Schubladeneffekt im Knie zu verhindern, ist eine starke und gut funktionierende Hamstring-Muskulatur sehr wichtig. Der Schubladeneffekt bezeichnet die Verschiebung des Unterschenkels gegen den Oberschenkel, was zur Ruptur des Kreuzbands führt. Dieser Effekt tritt in der Regel sehr abrupt auf. Folglich müssen die Hamstrings bremsende (exzentrische) Stabilisationsarbeit mit rascher und maximaler Ansteuerung ausüben. Da exzentrisches Training eine Maximalkrafttrainingsmethode darstellen kann, müssen spezifische Übungen progressiv aufgebaut werden.
Eine stabile Beinachse bildet die Voraussetzung für effiziente und gelenkschonende Bewegungen. In Schritten und Sprüngen wirkt das mehrfache des Körpergewichts auf die Gelenkstrukturen ein. Das korrekte Auffangen dieser Kräfte ist wichtig, um Überlastungen und Verletzungen verhindern zu können. Dabei ist eine saubere Ausrichtung von Fuss, Knie und Hüfte (auch Wirbelsäule) entscheidend. In der Regel ist das Wegkippen des Kniegelenks nach innen die offensichtlichste Fehlstellung in den unteren Extremitäten.
Diese sogenannte X-Beinstellung, auch Valgusstellung genannt, erhöht die Scherkräfte im Kniegelenk, wobei die passiven Gewebestrukturen in unkontrollierten Situationen einem erhöhten Verletzungsrisiko ausgesetzt sind. Für die Stabilisierung des Kniegelenks müssen einerseits die Aussenrotatoren sowie Abduktoren in der Hüfte gekräftigt, andererseits die Koordination der Bein- und Rumpfmuskulatur mit Hilfe von funktionellen Übungen optimiert werden.
Die Übungen sollen regelmässig mindestens einmal wöchentlich während 20 Minuten absolviert und als Ergänzung zum Konditionstraining über das ganze Jahr durchgeführt werden. Es gilt «Qualität vor Quantität», sprich eine bewusste sowie korrekte Bewegungsausführung steht im Vordergrund. Das ISPA Präventionsprogramm soll als gesamtes Paket durchgeführt werden.